Einblicke in die Genetik der Parkinson-Krankheit in Luxemburg

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Anlässlich des Welt-Parkinson-Tages 2024 stellen wir Forschungsarbeiten vor, die in Luxemburg durchgeführt wurden, um die genetischen Grundlagen der Krankheit zu entschlüsseln.

Die Parkinson-Krankheit betrifft weltweit mehr als 10 Millionen Menschen und ist damit nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. In den westlichen Gesellschaften ist Parkinson auch die am schnellsten zunehmende neurodegenerative Erkrankung, und es wird erwartet, dass sich die Zahl der Fälle bis 2050 verdoppeln wird, was eine zunehmende Belastung für die Gesundheitssysteme weltweit darstellt.

Es ist bekannt, dass mehr als 30 % der Parkinson-Erkrankungen genetisch bedingt sind, wobei nur wenige Fälle auf eine einzige Mutation zurückzuführen sind. Das bedeutet, dass die Mehrzahl der Fälle als idiopathisch eingestuft wird: Die Krankheit wird wahrscheinlich durch eine Kombination mehrerer genetischer und umweltbedingter Faktoren verursacht. Die Forscher des National Centre for Excellence in Research on Parkinson's Disease (NCER-PD) arbeiten gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern unermüdlich daran, diese komplexen Ursachen aufzudecken.

Das National Centre of Excellence in Research on Parkinson's Disease (NCER-PD) ist ein Forschungsprogramm, an dem die wichtigsten biomedizinischen Forschungseinrichtungen Luxemburgs beteiligt sind: das Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxemburg, das Luxembourg Institute of Health (LIH) und das Centre Hospitalier de Luxembourg in Zusammenarbeit mit dem Laboratoire National de Santé (LNS). Ziel des NCER-PD ist es, das Verständnis der Parkinson-Krankheit zu fördern, um Diagnose und Behandlung zu verbessern. Die Teilnahme von Personen mit verschiedenen Formen der Parkinson-Krankheit und einer gleichen Anzahl von gesunden Kontrollpersonen in Luxemburg

Genetik der Parkinson-Krankheit in Luxemburg

Eine genauere Untersuchung der genetischen Grundlagen der Krankheit ist einer der vielen Ansätze, die die Forscher verfolgen, um dieses Ziel zu erreichen. Nachdem das Team des NCER-PD über mehrere Jahre hinweg Proben von mehr als 2000 Teilnehmern der Luxemburger Parkinson-Studie gesammelt hat, darunter Parkinson-Patienten und gesunde Kontrollpersonen, hat es nun das komplette Erbgut eines Großteils von ihnen analysiert. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Frontiers Aging Neuroscience veröffentlicht.

"Solche genetischen Analysen sind wichtig, um Untergruppen von Menschen mit Parkinson zu definieren. Sie ermöglichen es uns, bereits bekannte genetische Risikofaktoren genauer zu untersuchen, aber auch neue Varianten zu entdecken, die den Ausbruch oder das Fortschreiten der Krankheit beeinflussen könnten", erklärt Prof. Rejko Krüger, Koordinator des NCER-PD. "Mit dieser ersten groß angelegten genetischen Analyse in Luxemburg haben wir eine wichtige genetische Ursache identifiziert, die mehr als 12% der Parkinson-Fälle in Luxemburg erklärt und neue Wege für klinische Studien und Prävention eröffnet", fügt er hinzu.Genetischen Veränderungen durch DNA-Screening feststellen

Genmutationen durch DNA-Analyse nachweisen

Um krankheitsrelevante Genmutationen nachzuweisen, wurde die DNA aus den von den Studienteilnehmern gespendeten Blutproben analysiert. Die DNA wurde aus den Proben extrahiert und in mehreren Zyklen mittels PCR vervielfältigt (siehe Textbox). Die amplifizierte DNA wird dann auf einen Chip mit Tausenden von mikroskopisch kleinen Vertiefungen aufgetragen, die jeweils kurze Stücke synthetischer DNA enthalten. Die amplifizierte DNA bindet sich an diese kurzen DNA-Stücke, und durch das Hinzufügen von Fluoreszenzmarkern konnten die Forscher individuelle Variationen im genetischen Code der Spender entdecken, indem sie einfach das Fluoreszenzlichtsignal jeder Vertiefung beobachteten.

Anhand der Daten dieser genetischen Analyse stellten die Forscher des NCER-PD fest, dass der Anteil der Personen in der Kohorte mit seltenen genetischen Varianten, die mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht werden können, ähnlich hoch ist wie in anderen europäischen Ländern.


Die Vervielfältigung der DNA erfolgt durch ein Verfahren, das Polymerase-Kettenreaktion oder kurz PCR genannt wird. Dabei wird die DNA in mehreren Zyklen kopiert, was zu einer exponentiellen Anhäufung von DNA-Molekülen aus einer kleinen Probe führt. Die PCR findet Anwendung in der biomedizinischen Forschung, beim Nachweis von Krankheitserregern in der Medizin, in der Lebensmittelsicherheit und in der Forensik.

Verteilung von Genen mit Mutationen in der Luxemburger Parkinson-Kohorte

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Die Forscher konnten auch bestätigen, dass neben den bekannten risikobehafteten einzelnen Genvarianten auch die Anhäufung mehrere kleiner, für sich genommen unbedeutende Genmutationen zusammen ein deutlich erhöhtes Risiko für den Ausbruch der Krankheit ergeben können. Wie aus einer solchen Anhäufung von Genmutationen die Krankheit entsteht und wie dieser Prozess verhindert werden kann, ist Gegenstand weiterer Forschung.

Das GBA1-Gen im Fokus

Die Analyse des gesamten Erbguts der Luxemburger Parkinson-Studienkohorte bildet die Grundlage für die Forscher, einzelne Risikovarianten genauer unter die Lupe zu nehmen. Viele dieser bereits bekannten Genvarianten liegen innerhalb des GBA1-Gens, das die Bauanleitung für das Enzym Beta-Glukozerebrosidase enthält. Dieses Protein ist für den Abbau anderer fehlerhafter Proteine verantwortlich. Bei der Parkinson-Krankheit begünstigt die Fehlfunktion dieses Enzyms die Anhäufung und Verklumpung des fehlgefalteten Proteins Alpha-Synuclein, was zum Absterben von Nervenzellen führt.

Obwohl Variationen im GBA1-Gen als einer der wichtigsten genetischen Risikofaktoren für die Entwicklung der Parkinson-Krankheit bekannt sind, ist der genaue Beitrag der verschiedenen Mutationen noch nicht vollständig bekannt. Es hat sich sogar herausgestellt, dass die verschiedenen Mutationen in verschiedene Kategorien mit unterschiedlichen klinischen Ergebnissen eingeteilt werden können. Um einen genaueren Überblick über die genetische Beschaffenheit des GBA1-Gens in der luxemburgischen Bevölkerung zu erhalten, haben die Forscher des NCER-PD eine neue und sehr präzise Methode der Genanalyse angewandt. Im Gegensatz zum bisher verwendeten Mikrochip-Assay liest diese neue Technik jedes einzelne Nukleotid, die Bausteine der DNA, auf langen Abschnitten des GBA1-Gens ab, so dass das gesamte Gen im Detail entschlüsselt werden konnte. Diese Technik wurde weltweit zum ersten Mal auf das GBA1-Gen angewandt und die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift npj I Parkinson's disease veröffentlicht.

"Wir haben nicht nur die Verteilung bekannter Varianten in unserer Studienkohorte bestätigt, sondern auch neue Varianten entdeckt, die möglicherweise einen anderen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben", erklärt Dr Patrick May vom LCSB Bioinformatics Core, der die Analyse der genetischen Daten leitete. "Diese neuen Varianten kommen wahrscheinlich auch in anderen Populationen vor und ihr möglicher Einfluss auf den Ausbruch und das Fortschreiten der Krankheit wird nun weiter untersucht", fügt er hinzu.

Personalisierte klinische Studien auf der Grundlage genetischer Analysen

Die genetische Analyse bildet nicht nur die Grundlage für die weitere Forschung, sondern hat auch konkrete Vorteile für die Teilnehmer der Luxemburger Parkinson-Studie. Auf der Grundlage ihres spezifischen genetischen Hintergrunds können Untergruppen von Patienten zur Teilnahme an klinischen Studien eingeladen werden, die auf ihre spezifische Form der Parkinson-Krankheit zugeschnitten sind. Dies ermöglicht die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen oder sogar stoppen können. Erste klinische Studien mit Parkinson-Patienten, die Mutationen im GBA1-Gen aufweisen, werden derzeit in Italien durchgeführt und zielen darauf ab, die gestörte Funktion des kodierten Enzyms wiederherzustellen und so die vorzeitige Alterung der Nervenzellen zu verlangsamen.

"Dank eines besseren Verständnisses der genetischen Grundlagen der Krankheit erwarten wir, dass solche subgruppenspezifischen Therapien bald den Weg von der Forschung in die klinische Praxis finden werden. Eine erste klinische Studie speziell für Parkinson-Patienten mit GBA1-Mutationen werden wir im Herbst in Luxemburg starten", erklärt Prof. Krüger. "Langfristig könnte das bedeuten, dass die Behandlung für jeden Parkinson-Patienten maßgeschneidert ist, abhängig von seiner einzigartigen genetischen Veranlagung, aber auch von seiner Umgebung und seinem Lebensstil.


Referenzen:

Landoulsi Z, Pachchek S, Bobbili DR, Pavelka L, May P, Krüger R and the NCER-PD Consortium, Genetic landscape of Parkinson’s disease and related diseases in Luxembourg, Frontiers in Aging Neuroscience (2023).

Pachchek, S., Landoulsi, Z., Pavelka, L. et al., Accurate long-read sequencing identified GBA1 as major risk factor in the Luxembourgish Parkinson’s study, npj Parkinson's Disease (2023).