Diagnose der Parkinson-Krankheit

Diagnose der Parkinson-Krankheit

Vor knapp 200 Jahre beschrieb der Brite James Parkinson zum ersten Mal die Symptome der Parkinson-Krankheit. Seither konnten Ärzte und Forscher Fortschritte in der Behandlung und dem Verständnis der Krankheit verbuchen;  jedoch bleibt die Diagnose noch stets eine Herausforderung, die bis heute aufgrund ihrer Komplexität der Meinung eines erfahrenen Neurologen bedarf. Aber warum ist die Diagnose der Parkinson-Krankheit eigentlich so schwierig? 

Neben der Parkinson-Krankheit (die verwirrenderweise auch manchmal als idiopathisches Parkinson-Syndrom, typische Parkinson-Krankheit oder sporadische Parkinson-Krankheit bezeichnet wird), gibt es viele Krankheiten, die der Parkinson-Krankheit ähneln und leicht damit verwechselt werden könnten. Hierzu zählen zum Beispiel die atypischen Parkinson Syndrome, wie z.B. das kortiko-basale Syndrom, die progressive supranukleäre Bickparese, die Lewy Körperchen Krankheit und die Multisystematrophie. Außerdem gibt es symptomatische Parkinson-Syndrome, bei denen Symptome ähnlich der Parkinson-Krankheit auftreten können. Diese Krankheiten, wie z.B. das vaskuläre Parkinson-Syndrom, Encephalitis lethargica oder das medikamentöse Parkinson, haben jedoch einen völlig anderen Ursprung und dürfen daher nicht verwechselt werden. 

Daher ist es wichtig, dass ein Arzt alle Symptome im Detail erfasst und somit andere Krankheiten ausschließen kann. Die Parkinson-Krankheit setzt sich aus verschiedenen Symptomen zusammen. Die klassischen Symptome sind ein verzögerter Bewegungsablauf (Brady- oder Akinese), sowie eine Muskelsteifigkeit (Rigor), Gleichgewichtsstörungen und Zittern (Tremor). Zudem können weitere Symptome die Diagnose unterstützen: Riechstörungen (die den ersten Bewegungsstörungen bereits Jahre vorausgehen können), sensible Störungen, vegetative Symptome wie z.B. Störungen des Blutdrucks, Harnblase, Schwitzen und sexueller Funktion, psychiatrische Symptome wie Depression können Teil der Parkinson-Krankheit sein. Außerdem kann nach langer Erkrankungsdauer auch Vergesslichkeit (Demenz) auftreten.

Der Neurologe stellt die Diagnose mittels drei Hauptansatzpunkten: er befragt den Patienten detailliert zur Krankengeschichte, führt neurologische Untersuchung durch und veranlasst gegebenenfalls Zusatzuntersuchungen. Bei der Erfassung der Krankheitsgeschichte wird akribisch nach Frühsymptomen gefragt, wie z.B. Riechstörungen, Verstopfung, Schlafstörungen, Depressionen, Abgeschlagenheit oder Müdigkeit. Außerdem fragt der Arzt nach einem Kontakt mit Giften, z.B. Pestiziden, Lösungsmittel oder Drogen, sowie nach weiteren Betroffenen in der Familie. Dies kann dem Arzt Rückschlüsse auf Umwelt- oder genetische Faktoren als Ursache der Krankheit geben. Genetische Ursachen liegen insbesondere bei jüngeren Betroffenen vor, bei denen dann eine Genanalyse durchgeführt werden kann. Seit der Entdeckung des ersten Parkinson-Gens im Jahre 1998, wurden über 20 weitere Gene entdeckt, deren Mutationen die Parkinson-Krankheit verursachen können. 

In der klinisch-neurologischen Untersuchung wird der Patient auf einen verminderten Armschwung, eine gebundene Haltung, Muskelsteifigkeit und einen typischen (aber nicht zwingend vorliegenden) Ruhetremor untersucht. Oft wird auch eine Schriftprobe durchgeführt, da die Schrift bei Parkinson-Patienten typischerweise unleserlich ist und zum Ende des Satzes immer kleiner wird. 

Zum Ausschluss anderer Krankheiten sind weitere Zusatzuntersuchungen anzuraten. Insbesondere sollte bei jedem Patient zur Diagnosestellung ein CT- oder MRT-Scan des Kopfes durchgeführt werden. Hiermit können andere Ursachen für einen Parkinsonismus (wie z.B. Hirntumore oder Entzündungen) erfasst werden, während solche Aufnahmen bei der Parkinson-Krankheit unauffällig sind. Weitere aufwändigere nuklearmedizinische Untersuchungen wie der DAT-Scan oder Fluorodopa-PET können in unklaren Fällen bei der Diagnosestellung weiterhelfen, indem sie die Dopamin-produzierenden Nerven im Gehirn darstellen. Diese sind bei der Parkinson-Krankheit typischerweise reduziert. Des Weiteren können mit Hilfe eines MIBG SPECT (oder einer Herz-Szintigraphie) die Nervenzellen am Herzen dargestellt werden, was oftmals zur Unterscheidung zwischen idiopathischen Parkinsonismus und  Multisystematrophie beiträgt. Zu guter Letzt kann das Ansprechen auf die Levodopa-Präparate bei der Diagnosestellung helfen. Typischerweise spricht die idiopathische Parkinson-Krankheit gut auf diese Medikamente an, die atypischen Parkinson-Syndrome jedoch nicht.

Um all diese komplexen Zusammenhänge zu erfassen, ist es wichtig, dass die klinische Diagnose der Parkinson-Krankheit durch einen erfahrenen Arzt durchgeführt wird. Die Sicherheit der Diagnose steigt mit der Dauer der Beobachtung, da sich Symptome, die auf ein atypischen Parkinson-Syndrom hindeuten, oftmals erst nach einer Weile herauskristallisieren. In solchen Fällen kann es also sein, dass die initiale Diagnose wieder überdacht werden muss. Bislang kann eine vollkommen eindeutige Diagnose mit Hilfe eines Gentests nur in 10% aller Patienten (insbesondere bei jungen Patienten oder Häufungen in der Familie) Aufschluss geben. Der endgültige Beweis der Parkinson-Krankheit kann derzeit nur durch eine Autopsie nach dem Tod erbracht werden, bei der man die für die Krankheit typischen Eiweiß-Ablagerungen in betroffenen Hirnarealen mikroskopisch nachweisen kann.  

Um die Diagnosestellung in Zukunft zu verbessern, hat sich das NCER-PD Forschungsprogramm zum Ziel gesetzt, neue Methoden zu entwickeln, bei denen auch molekulare Marker zum Einsatz kommen. Hierbei ist z.B. an einen Blut- oder Urintest zu denken, in dem ein oder mehrere Moleküle gemessen würden, die bei Parkinson-Patienten charakteristische Werte zeigen. Daher ist es wichtig, dass viele Patienten und gesunde Kontrollpersonen an der Luxemburger Parkinson Studie teilen nehmen und ihre Blut-, Speichel- und Urinproben abgeben, die dann im Labor auf solche Unterschiede untersucht werden können. Nur durch die Unterstützung der freiwilligen Teilnehmer können wir dem Ziel, die Diagnose in Zukunft zu vereinfachen, einen Schritt näher kommen.

 

Basierend auf der Präsentation von Dr. Pierre Kolber am Weltparkinsontag in Leudelange am 29 April 2016.